Bauen Roboter bald Wein an?

DHBW-Professor und Agria-Werke erhalten Forschungstransferpreis der IHK - Vieles an dem Projekt ist noch streng geheim.

Von Caspar Oesterreich. Veröffentlicht mit freundlicher Genehmigung der Rhein-Neckar-Zeitung, Redaktion Mosbach.

Elektrisch, autonom und mit vielen digitalen Helfern ausgestattet: "Das aktuelle Credo der Automobilbranche gilt zunehmend auch als Prämisse für landwirtschaftliche Maschinen", sagt Prof. Dr. Andreas Reichert, Studiengangsleiter Wirtschaftsingenieurwesen an der DHBW Mosbach. Gemeinsam mit einigen Studenten und in Kooperation mit der Agria-Werke GmbH in Möckmühl hat Reichert deshalb einen Weinbau-Roboter entwickelt, der ferngesteuert und ohne CO2-Ausstoß Steilhänge bis 55 Grad (entspricht einer Steigung von 143 Prozent!) bewirtschaften kann. Für die Industrie- und Handelskammer Heilbronn-Franken eine "besondere innovatorische Leistung", die der Verband dieser Tage mit dem Forschungstransferpreis in Silber belohnte. Weil "wichtige Arbeitsgänge, die mehrfach im Jahr oder nur in einem kurzen Zeitraum durchzuführen sind", durch den Weinbau-Roboter "teilautonom und vollelektrisch ermöglicht" werden, so die IHK.

"Eine tolle Würdigung unseres zukunftsorientierten Gemeinschaftsprojektes", freut sich Dr. Goetz Viering, Geschäftsführer der Agria-Werke, über die Auszeichnung. Bis der Weinbau-Roboter aber in die Serienproduktion gehen kann, werde es noch mindestens zwei bis drei Jahre dauern. Denn bisher existiert nur ein Prototyp, "den wir jetzt schrittweise, durch Feldversuche und in Gesprächen mit potenziellen Kunden immer weiter optimieren", so Viering.

Viel verraten will der Geschäftsführer über den Weinbau-Roboter, der mit seinen Raupenbändern irgendwie an einen rot-grünen Miniaturpanzer erinnert, allerdings nicht. "Wir stecken mitten in der Entwicklung, haben mit der staatlichen Lehr- und Versuchsanstalt für Wein- und Obstbau (LVWO) einen weiteren Kooperationspartner gewinnen können und eine Verschwiegenheitsvereinbarung getroffen", verdeutlicht Werner Baust, Verkaufsleiter bei Agria.

Das Interesse an der Innovation ist groß, von staatlicher Seite sowie von der Konkurrenz: Nicht nur die LVWO unterstützt als Landesanstalt die Weiterentwicklung, seit Beginn wird das Projekt auch durch das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie über das "Zentrale Innovationsprogramm Mittelstand" (ZIM) gefördert. "Wir müssen uns in unserer Nische der hochwertigen Motorgeräte für die Landschaftspflege immer wieder verteidigen, uns immer wieder neu erfinden", betont Viering. Nur durch stete Weiterentwicklung und Innovationsbereitschaft könne man sich in der umkämpften Branche behaupten und damit die Produktion in Möckmühl sichern. "Daher sind wir schon lange Partner der DHBW, profitieren vom Wissensaustausch genauso wie von der Ausbildung neuer Fachkräfte."

Angetrieben wird der Prototyp des Weinbau-Roboters von sechs Akku-Zellen, die oben auf der Raupe montiert sind. Zwar gebe es bei der Betriebszeit noch Optimierungsbedarf – "die Batterieentwicklung wird in den kommenden Jahren noch große Sprünge machen", verspricht Prof. Reichert –, aber schon heute seien die Vorteile elektrischer Antriebe in der Landwirtschaft nicht von der Hand zu weisen: So darf beispielsweise in Wasserschutzgebieten nicht getankt werden, Schmierstoffe und Öl wie beim Verbrenner findet man in E-Antrieben quasi nicht, "außerdem ist der neue Roboter deutlich leiser und stößt auf dem Weinberg kein CO2 aus", schwärmt der Wissenschaftler. "Der Strom fließt, egal in welcher Position die Maschine ist, unabhängig von der Steigung am Hang", ergänzt Verkaufsleiter Baust. "Beim Verbrenner verhält sich das mit den Flüssigkeiten ganz anders, da schränkt die Schwerkraft ein."

Bisher kann der ferngesteuerte Prototyp mähen und mulchen, soll in einem nächsten Schritt mit Fahrassistenzsystemen ausgestattet werden. Doch Reicherts Visionen gehen noch viel weiter: "Optimal wäre es natürlich, wenn der Roboter viele Arbeitsschritte gleichzeitig erledigt, etwa auch Pflanzenschutzmittel GPS-gesteuert zielgenau zwischen den Reben ausbringt und am besten selbst erkennt, welche Triebe eine spezielle Behandlung benötigen." So ließen sich nicht nur Kosten sparen, auch die Natur profitiere von dem verringerten Pestizideinsatz. Mit künstlicher Intelligenz ließe sich das sicherlich realisieren, "wir müssten das Programm nur mit genügend Daten füttern", erklärt Reichert. Die Möglichkeiten des "Smart Farming" seien enorm.

Bis es soweit ist, dauert es jedoch noch ein paar Jahre, ob Reicherts Visionen komplett umgesetzt werden, bleibt abzuwarten. "Wir entwickeln uns Schritt für Schritt weiter, müssen eruieren, was die Kunden brauchen, wie sie den Weinbau-Roboter einsetzten wollen", sagt Viering. Innovation gelinge nicht von heute auf morgen. "Das ist ein langer Prozess, der nur in kleinen Etappen erreicht werden kann, bei dem Ideen ausprobiert und weiterentwickelt werden, man manche aber auch wieder verwirft."

Es bleibt also spannend, wie es in Zukunft mit dem Weinbau-Roboter weitergeht, ob E-Antriebe und Smart Farming sich in der Landwirtschaft durchsetzen. Das Einsatzgebiet des Weinbau-Roboters sei jedenfalls "weder auf Steillagen noch auf Wein eingeschränkt", schreibt die IHK in ihrer Begründung zur Vergabe des Forschungstransferpreises.