Bratwurst, Bier und (Tunnel-)Bohren

Tunnelbohrmaschine „Dirt Torpedo“ bohrt in Hessen

Und er dreht sich doch! Der Bohrkopf der Tunnelbohrmaschine „Dirt Torpedo“ wühlte sich am 20. Oktober durchs Erdreich - mehr als zwei Jahre nach dem eigentlich geplanten Einsatztermin. Die von Studierenden der Dualen Hochschule Baden-Württemberg (DHBW) Mosbach selbst konstruierte und gebaute Tunnelbohrmaschine bohrte erfolgreich durch Beton, Sandstein und Lehm in hessischem Boden.

Kurze Rückblende: Das Dirt-Torpedo-Team der DHBW kam 2021 als eines von zwölf Teams weltweit in das Finale des Tunnelbohrwettbewerbs, den Elon Musks Unternehmen „The Boring Company“ ausgelobt hatte. Sicherheitsbedenken des Veranstalters und ein Sandsturm machten den Jung-Ingenieuren damals einen Strich durch die Rechnung, die Maschine durfte nicht bohren.

Zurück in Deutschland wurde die Maschine im Überseecontainer im Garten des Teamcaptains Adrian Fleck im Fuldaer Stadtteil Istergiesel „geparkt“. Die Sponsoren und die Stiftung Pro DHBW Mosbach, die bereits das Projekt in Las Vegas mit Geld- und Sachleistungen im Wert von mehr als 500.000 Euro unterstützt hatten, halfen auch jetzt weiter, beim Transport und bei der Instandsetzung von Teilen, die der Wüstensturm beschädigt hatte.

Die Maschine wurde zudem weiterentwickelt: Zu den bisherigen Innovationen, dem Lining-System, mit dem während des Bohrvorgangs gleichzeitig eine Betonröhre gegossen wird, dem vollelektrische Antrieb mit elektrischem Antrieb des Bohrkopfes, der Datenverarbeitung und der Maschinensteuerung kamen zusätzliche Features. Insbesondere die Elektronik ist komplett erneuert und schlanker geworden, bei der Informationsverarbeitung wurden neue Komponenten und Glasfaserleitungen eingebaut. „Antrieb und Datenverarbeitung liefen heute ausgezeichnet“, freute sich Adrian Fleck. Auch der Vortrieb mit Blasebalgen und Hexapoden nach Art eines Wurms und die Absaugung des Abraums mit einem riesigen Sauger funktionierten einwandfrei.

In der Wüste von Las Vegas maß sich das Team mit dem MIT Boston, der ETH Zürich und der MTU München. „Ein Erlebnis der besonderen Art, technologischer Austausch mit den weltweit besten Technischen Universitäten und mit Ingenieuren von Elon Musks Unternehmen SpaceX. Das machte uns Mut, denn viele bescheinigten, dass unsere Innovationen vielversprechend sind.“

Die Mitglieder des ursprünglichen Konstruktionsteams haben ihr duales Studium abgeschlossen und Ende 2022 den Verein Dirt-Torpedo e.V. gegründet, der mittlerweile die Tunnelbohrmaschine besitzt. Der Verein soll junge Talente begeistern, die Tunnelbohrmaschine Lust auf Technik und das Entwickeln neuer Ideen machen. Prof. Dr. Michael Schrodt, Prodekan der Fakultät Technik an der DHBW Mosbach, sieht den gesellschaftlichen Nutzen darin: „Unsere ehemaligen Studierenden sind nun Vorbilder für andere junge Menschen, dass Technik Spaß macht, dass Ingenieurkunst Probleme lösen kann und dass kein Traum zu groß ist“. Angesichts des anhaltenden Fachkräftemangels in der Ingenieurbranche sei es von entscheidender Bedeutung, junge Menschen schon frühzeitig an MINT-Themen heranzuführen. „Dass der Dirt Torpedo aus einer Projektarbeit von aufgeweckten Studierenden in unserem dualen Studium entstanden ist, macht mich sehr stolz. Der Verein ist nun die konsequente Fortführung, um junge Talente zu vernetzen und zu fördern.“

Inzwischen haben einzelne Teilnehmer der Tunnelbohrfreunde auch ein Startup gegründet, die DTec Innovation GmbH & Co. KG mit Sitz in Fulda-Istergiesel. Adrian Fleck und Daniel Klassen gaben dafür ihren Job bei dem Fuldaer Engineering-Unternehmen FFT auf und wagten den Schritt in die Selbständigkeit. Das inzwischen fünfköpfige Team beschäftigt sich mit maßgeschneiderten KI-Lösungen (AI-Boost), High-Performance Computing, Simulationen aller Art bis hin zu Neuentwicklung von Produkten und End-to-End-Lösungen für industrielle Projekte. „Der Dirt-Torpedo e.V. und das Startup DTec sind ein Paradebeispiel für Karrieren in der Technologie-Region Fulda. Gründergeist, Mut, Unerschrockenheit und schon in jungen Jahren eine professionelle technologische Lösungskompetenz des Teams sind für die ganze Region Fulda vorbildlich und hoffentlich ein Beispiel, das Nachahmer findet“, erklärte Christoph Burkard, Geschäftsführer der Region Fulda Wirtschaftsförderungsgesellschaft mbH. Genau diese Botschaft sandte das Team beim Bohren unterm heimischen Hühnerhaus im Fuldaer Stadtteil Istergiesel beim Event „Bratwurst, Bier und Bohren“, um mit den Sponsoren den Erfolg zu feiern.