Additive Fertigung: Schnell, komplex und individualisiert

Studium Generale gewährte Einblicke in eine Technik, die als 3D Karriere macht


Zugegeben, der 3D-Drucker, den die Duale Hochschule Baden-Württemberg am Standort Mosbach hat, ist nicht zu vergleichen mit dem, womit sich Professor Dr.-Ing. Thomas Niendorf normalerweise beschäftigt. Der Leiter des Fachgebiets Metallische Werkstoffe an der Universität Kassel/Institut für Werkstofftechnik war als Gastdozent nach Mosbach gekommen, um im Rahmen des Studiums Generale über „Additive Fertigung“ zu sprechen.

Das tat er: schnell, konzentriert, durch und durch akademisch. Es war eine Vorlesung, wie er sie auch an der Heimathochschule halten würde. In Mosbach folgten dem Werkstofftechniker nicht nur Studierende und Anwender von Unternehmensseite, sondern auch Gastgeber Prof. Dr. Rainer Klein, der den Studiengang Mechatronik an der DHBW Mosbach leitet, sowie einige Dozentenkollegen und DHBW-Mitarbeiter. So soll es sein beim Studium Generale, das Fakultäts- und Fächergrenzen überwinden möchte.

Additive Fertigung kennen die meisten unter dem Begriff 3D-Druck. Doch bringt das kaum zum Ausdruck, dass es sich hier um ein „sehr komplexes“ Produktionsverfahren handelt, bei dem durch das Ablagern von Material schichtweise ein Bauteil aufgebaut wird; die  Basis bilden digitale 3D-Konstruktionsdaten. Wie komplex das Geschehen ist, das wurde jedem im Audimax klar bei den Verfahren, die der Referent vorstellte. Seine Aufmerksamkeit gilt den Zusammenhängen von Herstellungsprozessen, Mikrostrukturen, mechanischen Eigenschaften und ihren Beziehungen bzw. Legierungen.

Thomas Niendorf nahm bei seinem Vortrag in Mosbach die werkstofftechnische  Seite der Herstellung in den Fokus. Denn „müde“ oder geschädigte Oberflächen oder Strukturen gilt es zu entdecken, zu bewerten, zu vermeiden. Mit Darstellungen, die wie farbenfrohe, moderne Malerei wirkten, veranschaulichte Niendorf beispielweise, wie Risse in unterschiedlichen Mikrostrukturen wachsen. Dabei stellte er die Eigenschaften von Titan- und Nickelbasislegierungen im Zusammenhang mit den jeweiligen Behandlungsverfahren gegenüber. Und man erfuhr, was „HIP“ ist, „Heißes Isostatisches Pressen“: „Stellen Sie sich einen großen Ofen mit dicken Wänden vor, in dem hohe Temperaturen und hoher Druck herrschen.“

Ein wesentliches Merkmal additiver Herstellungsprozesse ist, dass alles viel schneller passiert. Was der Fachmann über sein Forschungs- und Lehrfach sagte, besitzt Allgemeingültigkeit und wird damit dem Über-den-Tellerrand-schauen-Anspruch des Studiums Generale gerecht. Und Niendorf sagt noch weitere solcher Sätze: „Es muss anders gedacht werden“, rief er den jungen Zuhörern zu. „Denkt additiv!“

Das Faszinierende an der additiven Fertigung ist auch für Rainer Klein, dass mit ihnen Produktionsprozesse verändert, beschleunigt, individualisiert werden (können). „Doch bedeutet das nicht automatisch, dass das für alle Produktionsprozesse gilt“, so Referent Niendorf. Weil additive Fertigung ein hochkomplexes Verfahren ist, eignet es sich insbesondere für die Einzelfertigung kleiner, leichter, komplexer Produkte. „Einen Zylinder in 3D herzustellen wäre ein teurer Spaß.“

Optimistisch in die Zukunft additiver Fertigungstechniken blickt der Gast aus Kassel dennoch. „Wir machen weiter, und von den Ergebnissen berichte ich Ihnen das nächste Mal.“ Das war das Stichwort für Rainer Klein. Das nächste Studium Generale an der DHBW Mosbach, das verriet der DHBW-Studiengangsleiter seinen Zuhörerinnen und Zuhörern, werde im nächsten Jahr sein. „Dann werden wir wieder spannende Themen behandeln.“