"Die prägendsten Erfahrungen meines Lebens" - Auslandssemester – Südkorea

Elyesa Duru zum Auslandssemester (4. Theoriesemester) an der Chung-Ang University in Südkorea. Gefördert durch die Christian Bürkert Stiftung.

Von Ende Februar bis Ende Juni durfte ich ein Auslandssemester an der Chung-Ang University in Seoul verbringen und rückblickend kann ich sagen: Diese Monate gehören zu den prägendsten Erfahrungen meines bisherigen Lebens.

Schon beim ersten Betreten des Campus war ich beeindruckt. Die Chung-Ang University ist riesig, fast schon wie eine eigene Stadt. Es gab mehrere Cafés und Shops direkt auf dem Gelände, einen eigenen Shuttlebus und sogar einen Burgerladen mitten auf dem Campus. Das war ein komplett anderes Uni-Erlebnis als in Deutschland und ich habe mich wirklich sofort gefragt, warum wir sowas nicht auch haben.

Fachlich war das Niveau solide, besonders gut gefallen hat mir der Kurs „Natural Language Processing“, den ich spannend und an sich auch interessant fand. Der Unterricht war offiziell komplett auf Englisch (teilweise wurden dann aber das ein oder andere nochmal auf Koreanisch erklärt), was mir entgegenkam, da ich kaum Koreanisch spreche. Im Alltag kam ich mit Übersetzungsapps und etwas Geduld gut zurecht. Und glücklicherweise habe ich viele Internationals kennengelernt, mit denen ich viel unternommen habe, nicht nur weil die Sprachbarriere mit Koreanerinnen und Koreanern oft einfach zu groß war. Viele von ihnen waren sehr freundlich, aber auch zurückhaltend, und ich hatte manchmal das Gefühl, dass sie sich aus Unsicherheit eher zurückzogen – und selbst wenn man dann etwas unternommen hat, waren sie oft schüchtern oder verunsichert über ihre Englischkenntnisse.

Trotzdem gab es auch ganz besondere Begegnungen. In Ulsan wurden wir von einem Koreaner, der früher in der Türkei als Tourguide gearbeitet hatte, zu sich nach Hause eingeladen. Er meinte, er wolle etwas von der Gastfreundschaft zurückgeben, die er dort erfahren hatte. Das war ein sehr bewegender Moment – und das nicht nur, weil wir gutes hausgemachtes Essen hatten. Auch in Daegu wurde ich von einem koreanischen Freund eingeladen, bei seiner Familie zu essen. Auf der Rückfahrt hatten wir dann zwar einen platten Reifen im Bus, aber irgendwie gehörte auch das zum Abenteuer dazu, und trotzdem war es jede Sekunde und jede Mühe wert. 
Ich habe viel vom Land gesehen. In Sokcho war ich wandern, und schon die Busfahrt dorthin war ein Highlight. Für ein paar Euro mehr gab es einen Premium-Bus mit massig Platz und Komfort – ein echter Kontrast zum normalen Nahverkehr. In Busan habe ich mir den Sonnenaufgang am Meer angeschaut – mit einem guten Freund, der mich tatsächlich besuchen kam –, war am UN-Gedenkfriedhof und einfach nur beeindruckt, wie vielseitig Südkorea ist. Der Friedhof ist übrigens der einzige UN-Gedenkfriedhof der Welt und ehrt die gefallenen Soldaten des Koreakriegs. Die Anlage ist nicht nur historisch bedeutsam, sondern auch unglaublich ruhig und gepflegt.

 

Natürlich hatte ich auch meine Kulturschock-Momente. Ich habe Hühnerfüße gegessen – oder besser gesagt, ich habe es versucht. Es war mit Abstand eines der schlimmsten Dinge, die ich je gegessen habe. Auch lebendigen Tintenfisch habe ich probiert – das war im Vergleich gar nichts. Manchmal habe ich mich gefragt, wie weit ich für ein neues Erlebnis wirklich gehen will. Aber genau darum geht es ja auch: raus aus der Komfortzone, rein ins Unbekannte und etwas vom Leben leben.

Besonders fasziniert haben mich die kleinen kulturellen Details. Es gibt in Seoul zum Beispiel den „Seoul Forest“, eine Art Mischung aus Stadtpark und Naturreservat, in dem tatsächlich Rehe herumlaufen. Ich war in einem Katzencafé, habe die Cherry-Blossom-Zeit miterleben dürfen, die Stadt für ein paar Tage im Schnee gesehen und in einem Supermarkt riesige Shine-Muscat-Trauben gekauft, die so groß, süß und perfekt waren, dass man dachte, sie wären nicht real. Diese Traubensorte stammt ursprünglich aus Japan, ist kernlos, hat eine essbare Schale und schmeckt fast wie Bonbons. Eine Wassermelone hat mich mal 40.000 Won gekostet – das waren umgerechnet etwa 26 Euro. Da fragt man sich schon, ob man sie aufessen oder einrahmen soll (tatsächlich kann man in Korea Obst als wertvolles Geschenk verschenken).

Besuch von meiner Familie hatte ich auch. Wir waren gemeinsam auf dem Lotte Tower, einem der höchsten Gebäude Asiens, und haben zusammen einen kleinen Teil dieser beeindruckenden Stadt erkundet. Es war wirklich schön, einen Teil meines Erlebnisses mit ihnen teilen zu können.

Dank des Bürkert-Stipendiums konnte ich viele dieser Erlebnisse überhaupt erst möglich machen, und dafür bin ich unglaublich dankbar. Der Aufenthalt hat mich persönlich sehr verändert. Ich bin spontaner geworden, habe gelernt, Dinge einfach zu machen, statt zu lange zu zögern. Ich sehe viele Dinge entspannter und habe gemerkt, dass andere Länder ganz andere Stärken und Schwächen haben als wir. Es ist wichtig, offen zu bleiben und die Welt nicht nur aus der eigenen Perspektive zu betrachten.

Ich werde mein Auslandssemester in Korea nie vergessen – nicht wegen eines einzelnen Moments, sondern wegen des Gesamtpakets. Die Mischung aus Alltagskultur, kleinen Katastrophen, großen Eindrücken und persönlichen Herausforderungen hat mich geprägt. Und ich bin mir sicher, dass das erst der Anfang war.

Danke für alles!


Elyesa Duru :)