Wie kann der Handel von KI profitieren?
Handlungsempfehlungen dank Künstlicher Intelligenz für das eigene Unternehmen: In der DHBW steht das zur Diskussion, im örtlichen Modehandel der Inhaber persönlich dafür ein
Autorin Ursula Brinkmann. Erstveröffentlichung in der Rhein-Neckar-Zeitung vom 3. Dezember 2025
Ihre Programme haben Namen wie Alexa, Ana oder Dave: die künstliche, die die menschliche Intelligenz nachahmt und ihre Spuren in unser aller Leben immer deutlicher zieht. Im Audimax der DHBW Mosbach boten nun die Duale Hochschule und die Industrie- und Handelskammer (IHK) Rhein-Neckar eine Veranstaltung im Rahmen des „Studium Generale“ an, das sich der „Künstlichen Intelligenz im Handel“ widmete.
Für die anwesenden Studierenden des Studiengangs BLW Handel, für die dies ein Schwerpunktthema sei, wie DHBW-Rektorin Prof. Dr. Elke Heizmann bei der Begrüßung anmerkte, könnte die Veranstaltung „Anregung für Ihre Seminararbeiten“ sein. Prof. Dr. Anja Kern, die den Studiengang BWL – Internationaler Handel leitet, konnte zusammen mit IHK-Geschäftsführer Dr. Andreas Hildenbrand, zwei Referenten willkommen heißen, die zum Dozentenkreis an der DHBW Mosbach zählen. Anita Triscoiu hat hier vor sieben Jahren den Abschluss gemacht und ist nun Teamleiterin im Vertriebsprozessmanagement bei Würth Industrieservice in Bad Mergentheim. Dort hat man es mit 1,4 Millionen Artikeln und 7000 Systemkunden zu tun. Zwei KI-basierte Prozesse stellte Triscoiu vor. Mit deren Hilfe können Routineprozesse automatisiert und beschleunigt oder Dokumente (wie etwa Bestellbelege) automatisch erfasst werden. Ein „Allheilmittel“ ist KI für Anita Triscoiu gleichwohl nicht. „KI schafft nur dann Verbesserungen, wenn die Prozesse verstanden werden.“ Was offenbar in vielen Unternehmen noch nicht der Fall sei, zitierte Triscoiu eine Studie, der zufolge KI-Projekte 95 Prozent der Firmen keinen messbaren Ertrag bringen.
Der folgende Vortrag von Alex Tschan zeigte am Beispiel eines KI-Projekts des Discounters Aldi Süd, dass Mensch und Maschine durchaus Erfolge erzielen können – gemeinsam. „Hybride Entscheidungsfindung in der Warenbestandssteuerung“ war das überschrieben. Der Doktorand der TU München zeigte, dass es im Einzelhandel anhand unterschiedlicher Szenarien zu unterschiedlichen Abverkäufen kommt. „Das hat Einfluss auf die Umsätze, die Lagerkosten, den Gewinn.“ Ist die KI mit den entsprechenden Daten gefüttert und trainiert, lässt sich für jeden spezifischen Artikel berechnen, wann sich wo der höchste Gewinn erzielen lässt. Das passende Sortiment zur passenden Zeit in der passenden Menge sorge für einen attraktiveren Verkaufsraum, entlaste Mitarbeiter und mache Kunden zufriedener.
In einer kurzen Podiumsdiskussion ging es um die Frage: „Wie fange ich an?“ Anita Triscoius eigene Erfahrung bei Würth: „Klein, in einem Geschäftsbereich.“ Alex Tschan plädierte für „Top down“, also von oben verordnete Entscheidungen und riet außerdem: „Testen, testen, testen.“ Zur Runde gesellte sich SAP-Kundenberaterin Juliane Oeser; sie hat bei ihren Kunden im Handel die Erfahrung gemacht, dass oftmals die entscheidende, „aufgeräumte“ Datengrundlage fehle. „Dann ist der Mehrwert von KI-Einsatz sehr gering.“ Als Mitarbeiterin in einem Unternehmen, das seit 1970 KI mache, fragte sie rhetorisch: „Wer möchte denn heute noch in einem Unternehmen arbeiten, das sich nicht mit KI befasst?“
Mit diesen neuen (oder auch nicht so neuen) Möglichkeiten befasst sich auch Modeeinzelhändler Holger Schwing, den man gern als einen lokalen Vertreter der Handelsbranche auf dem Podium gehabt hätte. Doch der war ganz leibhaftig im Geschäft bei seinen Kunden, deren Ansprache doch mittels KI unter anderem verbessert werden soll. Den Chancen, die sich mit dem Einsatz von künstlicher Intelligenz verbinden ließen, verschließt er sich dennoch nicht, auch wenn er sich mit 7.000 Kundinnen und Kunden, die die Schwing Mode App aktiv nutzen, und jährlich 40 000 verkauften Artikeln als „Kleinen“ der Branche sieht. Die Daten, über die er verfügt, nutzt Schwing natürlich. „Welche Ware in welchen Mengen ich an welchem Ort habe und verkaufe, das weiß ich jetzt schon.“ Sein System fragt er sozusagen händisch ab. Bei einer weiter gehenden und komplexeren Auswertung und Verknüpfung der Daten kann er sich eine KI-Unterstützung gut vorstellen. „Ich will ja nachhaltig handeln, ressourcenschonend, gezielter einkaufen, dass nichts liegen bleibt, die Renner und die Penner ausmachen, will meine Kunden noch individueller ansprechen.“ Auch, um sich selbst zu entlasten, hält er KI für ein Instrument mit Perspektive. Positive Erfahrungen mit dem Können von KI hat er schon gemacht. Und er weiß auch, dass da noch viel kommen wird. Die nächste Generation? Von Schwings vier Kindern ist es einzig Tochter Annika, die in die Fußstapfen des Vaters tritt. „Sie mag halt mit Menschen“, beschreibt er ihre Motivation für den Einstieg in den Modehandel…


